Mehr Platz für die Bim!

In Wien „bim“melt die Straßenbahn, wenn sie keinen Platz zum (Weiter-)Fahren hat, weil sich z.B. ein Kfz, ein/e Radler/in oder ein/e Fußgänger/in ihrer Spur befindet und sie daher ausbremst.

Wie die Bim’s will die Bürgerinitiative(BI) Nordwestbahnhof laut „bimmeln“ bzw. die Alarmglocken läuten lassen, weil sich die jetzigen Straßenbahnen durch die Bebauung des Nordwestbahnhofgeländes den Platz auf den Straßen und Gleisen der Umgebung mit zusätzlich 30% mehr Kfz und einer weiteren Straßenbahnlinie 12 werden teilen müssen, die sie besonders zu Stoßzeiten sogar systematisch ausbremsen werden. Doch damit nicht genug: Die geplanten Straßen in der Umgebung wie Nordwestbahnstraße oder Rebhanngasse werden so eng verbaut, dass dort zur Entlastung auch später gar keine zusätzlichen Straßenbahnen auf eigenen Gleiskörpern und Strecken mehr werden fahren können.

Die BI Nordwestbahnhof hat von Anfang an die unzureichende und zukunftsverbauende Planung der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur im Zusammenhang mit dem Städtebauvorhaben Nordwestbahnhof kritisiert:

– Zu wenig Straßenbahnen
– auf häufig denselben Gleiskörpern und Routen wie der Kfz-Verkehr (fehlende eigene Gleiskörper).

Aus Anlass der Präsentation der Pläne für die Neubaustrecke der neuen Linie 12 im Grätzelbeirat der Gebietsbetreuung möchten wir hier nun die Hintergründe unserer Kritik an der Streckenführung der neuen Straßenbahnlinie 12 sowie an den vergessenen Straßenbahnplänen auf der Nordwestbahn- und Engerthstraße näher erläutern, sie in einen historischen Zusammenhang stellen, konkretisieren und Verbesserungsvorschläge machen.


Vorteile von Straßenbahnen

Einer der Hintergründe für die Kritik und Forderung der BI Nordwestbahnhof nach mehr Straßenbahnen auf unterschiedichen, eigenen Gleiskörpern in der Umgebung des Städtebauvorhabens Nordwestbahnhof sind die wesentlichen Vorteile von Straßenbahnen gegenüber Bussen, S- und U-Bahnen, wie sie von Verkehrs- Verantwortlichen und Experten angeführt werden z.B. …

… gegenüber (überlasteten) Bussen…

  • Höhere Beförderungsleistung (bei gleichem Fahrpersonal)
  • Höherer Fahrkomfort (größere Laufruhe)
  • Höhere Akzeptanz bei Fahrgästen
    (wegen Fahrkomforts, Image des höherrangigen Verkehrsmittels)
  • Höhere Fahrgastzahlen (wegen höherer Akzeptanz bei Fahrgästen)
  • Höhere Flexibilität zur Verkehrsspitzenabdeckung
    (durch flexible Wagenanzahl)
  • Höhere Wirtschaftlichkeit (bei hohen Fahrgastzahlen)

… und gegenüber dem Bau von Schnell- und U- Bahnstrecken…

  • Günstiger um den Faktor zehn (daher schnellere Amortisation von Investitionskosten)

Straßenbahnplanungen der Vergangenheit

Weiterer Hintergrund für unsere Kritik und Forderung nach mehr Straßenbahnen auf unterschiedlichen, eigenen Gleiskörpern in der Umgebung des Städtebauvorhabens Nordwestbahnhof sind frühere Planungen neuer Straßenbahnlinien oder der vormalige Betrieb von Straßenbahnlinien auf und um dessen Areal, die aus für die BI Nordwestbahnhof nicht nachvollziehbaren Gründen …

  • verworfen,
  • eingestellt oder
  • nicht vollendet

… wurden, aber heute wieder aktuell bzw. zukunftsträchtig sein könnten.

Das hat die BI Nordwestbahnhof anhand …

… der Straßenbahn auf der Nordwestbahnstraße,

  • 1903 projektiert von Gemeinde Wien und Siemens,
  • 2007 empfohlen von beteiligten BürgerInnen,
  • 2008 angenommen von der Stadtentwicklungskommission im Leitbild Nordwestbahnhof,
  • 2023 nicht mehr geplant von den Wiener Linien und
  • 2023 nicht mehr vorgesehen von der Stadt Wien (MA 18),

…der Straßenbahn Linie 11 auf der Engerthstraße,

  • 1928 eröffnet zwischen Stadlauer Brücke und Friedrich-Engels-Platz,
  • 1974 aufgelassen wegen geplanter (aber später nicht realisierter) Elektrifizierung des kreuzenden Verbindungsgleises zwischen Donauuferbahn und Nordbahnhof,
  • 1978 verbaut durch die kreuzend errichtete Autobahnrampe für die neue Reichsbrücke,

 … und der Straßenbahn Linie O,

  • seit 1980 verkehrend zwischen Raxstraße und Praterstern,

… deren Verlängerung bis U6-Station „Handelskai“ bzw. Friedrich-Engels-Platz …

  • 2014 empfohlen im BürgerInnendialog Nordbahnhof,
  • 2015 offen gehalten als Option für die Zukunft im Handbuch zum Leitbild Nordbahnhof,
  • 2015 angekündigt in einer städtischen Presseaussendung,
  • 2017 eingefordert von der IG Lebenswertes Nordbahnviertel
    (Realisierung bis 2020),
  • 2020 realisiert nur bis Leystraße (Endstation Bruno-Marek-Allee),
  • 2023 noch nicht vollendet,

dokumentiert.


Kritik an der geplanten Straßenbahninfrastruktur


Die Ausbaupläne öffentlicher Straßenbahninfrastruktur sind aus Sicht der BI Nordwestbahnhof unzureichend, weil …

  • die Straßenbahn-Transport-Kapazitäten auch ohne die zusätzlichen ca. 16.000 neuen Nordwestbahnhof-BewohnerInnen jetzt schon erschöpft d.h. in Hauptverkehrszeiten zu gering sind,

  • die neue Linie 12 die erforderliche Transport-Kapazität allenfalls für weitere 16.000 Nordwestbahnhof-BewohnerInnen aber keine weiteren Fahrgäste z.B. BesucherInnen der vier Schulen auf dem Areal hat und das auch nur dann,
    – wenn sie in der Hauptverkehrszeit im 5-Minuten-Takt fahren kann und
    – wenn die anfahrenden Straßenbahnzüge der neuen Linie 12 stets leer d.h. ohne Fahrgäste aus Bereichen abseits des Projektgebietes sind,

  • der für die erforderliche Transport-Kapazität notwendige 5-Minuten-Takt wegen der geplanten Streckenführung der neuen Linie 12
    – durch die auf den gleichen Trassen fahrenden Linien 5, 33 (auf der Wallensteinstraße) und 2 (auf der Dresdnerstraße) und
    – durch Behinderung des dortigen Kfz-Verkehrs (keine eigene, exklusiv nutzbare Schienentrasse im gesamten Verlauf der Streckenführung)
    nicht erreicht werden kann,

  • die erforderliche Transport-Kapazität der neuen Linie 12 spätestens dann nicht mehr ausreicht, wenn es einmal unmöglich sein wird, in der Stadt noch mit privatem Kfz zu fahren, und bisherige AutofahrerInnen auf die neue Linie 12 umsteigen müssen,
  • die notwendigen Straßenbreiten in der Umgebung des Nordwestbahnhof-Areals für zusätzlich erforderliche Straßenbahn-Transport-Kapazität in den uns bekannten Flächenwidmungsplänen nicht vorgesehen sind –
    die Nordwestbahnstraße müsste laut Leitbild Nordwestbahnhof 27–30m breit sein (statt geplanten 25m) und die Rebhanngasse entsprechend (statt geplanten 20,45m).

  • die Stations- bzw. Wartebereiche der Straßenbahnen im Bereich der Kreuzung Friedensbrücke und der Dresdnerstraße/Traisengasse für die zusätzlich dort zu erwartenden mindestens 4.000 Fahrgäste von und zum Nordwestbahnhof-Areal zu klein sein werden,

  • durch die geplante Streckenführung der neuen Linie 12 für ihre Trasse auf den Teilstrecken der Wallensteinstraße zwischen Rauscher- und Nordwestbahnstraße sowie der Vorgartenstraße zwischen Tabor- und Walcherstraße derzeit zu wenig Platz zur Verfügung steht und daher Baumfällungen oder -versetzungen für die neue Straßenbahnlinie befürchtet oder zu erwarten sein werden,

und

Fazit: Ohne zusätzliche Ausbaumaßnahmen öffentlicher Straßenbahninfrastruktur auch über die Linie 12 hinaus wird der in Zukunft nur mehr ohne motorisierte Individual-Fahrzeuge in städtischen Bereichen mögliche bzw. zulässige Mobilitätsbedarf der BewohnerInnen des neuen Stadtteiles gar nicht abgedeckt werden können.

Verbesserungsvorschläge für den Ausbau der Straßenbahninfrastruktur

  • Bessere Streckenführung der neuen Linie 12 (Handy-Version)
    (mit durchgängig eigenem Gleiskörper über eine verkehrsberuhigte Wallensteinstraße, Dammstraße, Waldmüllergasse (oder Brigittagasse), Donaueschingen-, Ley-, Inn-, Engerth-, Walcher- und Vorgartenstraße statt Wallenstein-, Dresdner-, Nordbahn-, Tabor- und Vorgartenstraße)

    Vorteile:
    – Weniger gemeinsame Streckenlänge mit den Linien 5, 33 und 2
    – Weniger Behinderung durch Kfz-Verkehr auf der Wallensteinstraße
    (durch Verkehrsberuhigung der Wallensteinstraße)
    – Weniger Behinderung durch Kfz-Verkehr auf der Dresdnerstraße
    (durch Vermeidung der Kreuzung Nordbahn-/ Taborstraße)
    – Vermeidung enger Stations- bzw. Wartebereiche in der Dresdnerstraße
    – Vermeidung von Baum- Fällungen/Versetzungen in der Wallensteinstraße
    – Vermeidung von Baum- Fällungen/Versetzungen in der Vorgartenstraße
    – Bessere Anbindung an die S-Bahnstation Traisengasse
    – Bessere Erschließung der Infrastruktur in bzw. bei derDonaueschingenstraße
    (z.B. Unfallkrankenhaus Lorenz Böhler)
    – Anbindung an die U2-Station „Stadion“
    (durch Verlängerung bis „Stadion“)

  • Straßenbahnverbindung auf einer verkehrsberuhigten Nordwestbahnstraße (Handy-Version)
    (mit eigenem Gleiskörper zwischen Praterstern und Heiligenstadt)

    Vorteile:
    – Mehr Straßenbahn-Transportkapazität für NordwestbahnhofbewohnerInnen
    (in Nord/Süd-Richtung)
    – Mehr Straßenbahn-Transportkapazität für viele andere BewohnerInnen
    (an der Strecke zwischen Praterstern und Heiligenstadt)
    – Anbindung an die U- und S-Bahnstationen Praterstern und Heiligenstadt
    – Verminderung des Kfz-Verkehrs auf der Nordwestbahnstraße

  • Ausreichende Straßenbreite für eine Straßenbahnlinie auf der Rebhanngasse

    Vorteile:
    – Mögliche Verminderung des Kfz-Verkehrs auf der Rebhanngasse
    (z.B. vom bzw. zum Bildungscampus durch spätere Straßenbahn-Errichtung)

  • Verlängerung der Linie O Richtung Friedrich-Engels-Platz
    (Handy-Version)

    Vorteile:
    – Anbindung an die U- und S-Bahnstationen Handelskai und Praterstern

  • Größere Stations- und Wartebereiche durch Verbreiterung der Friedensbrücke

    Vorteile:
    – Sicheres Umsteigen zwischen den Straßenbahnen und der U-Bahn
    (für 4.000 neue Nordwestbahnhof- und andere BewohnerInnen)

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Comments

Eine Antwort zu „Mehr Platz für die Bim!“

  1. Avatar von Carl
    Carl

    Das mit den drei Gleiskörpern in der Wallenstein hat mir die SPÖ auch gesagt. Und damit gleich mal klar gemacht, dass es in der Wallenstein nie einen Radweg geben wird.

    Alle Beteiligten sind sich einig, dass die Autos das Problem sind, weil sie die Öffis behindern. SPÖ, Wiener Linien, Grüne, BI NWBH.

    Aber statt das Problem mit den Autos zu lösen, drängt man lieber wieder die Radler weg.

    Ich bin kein Verkehrsplaner, aber wenn auf der Wallenstein zu viele PKW unterwegs sind, muss man daran arbeiten, dass der Transitverkehr durch den Bezirk abnimmt, indem man die Durchfahrt unattraktiv macht. Außerdem müssen Wohnungen im NWBH ohne Stellplatz kommen und autofrei bezogen werden. (Letztere wird ja in anderen Städten auch gemacht.)

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