1. Treffen der BI

Für 25. April 2023 um 18:30 Uhr lud die Bürgerinitiative(BI) Nordwestbahnhof interessierte, betroffene AnrainerInnen und engagierte MitbürgerInnen im Zusammenhang mit der geplanten Bebauung des Nordwestbahnhofgeländes zu einem erstenTreffen in das Café-Restaurant „Das Vindobona“ am Wallensteinplatz ein! Der Einladung folgten etwa 20 Interessierte.

Auf der Tagesordnung standen eine …

Zum Thema Bescheidbeschwerde und -Verhandlung im aktuellen Umweltverträglichkeitsprüfungs(UVP)-Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht haben wir unseren Rechtsanwalt Mag. Wolfram Schachinger ersucht, unsere juristische Strategie verständlich zu erläutern, Fragen zu beantworten und eine Einschätzung der Erfolgsaussichten abzugeben.

Mag. Schachinger berichtete von der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14. April 2023, dass das Gericht der ÖBB aufgetragen habe, ihr Szenario bei Unterbleiben des Städtebauvorhabens neu darzulegen und zwar in Form eines Updates ihrer Umweltverträglichkeitserklärung (UVE).

Die Anwesenden stellten folgende Fragen an Mag. Schachinger:

  1. Wann geht’s weiter?
    Mag. Schachinger:
    Vermutlich im Herbst. Die ÖBB müsse für den Fall, dass das Städtebauvorhaben unterbleibt (sog. „Nullvariante“), zunächst detaillierter darlegen bzw. dokumentieren, in wie weit die von ihr behauptete Wiederaufnahme des Frachtenbahnhofbetriebs wie im Jahre 2006 – inklusive des dadurch verursachten Straßenverkehrs – bis 2035 (geplanter Beginn der „Nutzungsphase“ im Falle der Realisierung des Städtebauvorhabens) realistisch und „absehbar“ ist. Die „Absehbarkeit“ müsse mit bereits bestehenden Bewilligungen oder zumindest Beantragungen, die die behauptete Entwicklung konkret bestimmbar machen, nachgewiesen werden. Wenn die ÖBB danach eine entsprechend modifizierte, neue Umweltverträglichkeitserklärung vorgelegt hat, könnte sich die Bürgerinitiative dazu äußern. Darüberhinaus wird das Gericht wohl Gutachten von Sachverständigen insbesondere Verkehrssachverständigen zur Beurteilung der Umweltauswirkungen der neuen UVE einholen.

  2. Gibt es weitere Instanzen?
    Mag. Schachinger:
    Die Bürgerinitiative könne noch zu den Höchstgerichten Verwaltungsgerichtshof (VwGH) und Verfassungsgerichtshof (VfGH) gehen.
     
  3. Darf vor Abschluss gebaut werden?
    Mag. Schachinger:
    Der Gang zu diesen Gerichten hätte keine aufschiebende Wirkung, d.h. Baubewilligungen könnten ausgestellt werden, ohne dass das Verfahren in diesen Instanzen abgeschlossen ist. Man könne zwar innerhalb von 6 Wochen eine Revision mit aufschiebender Wirkung beantragen aber es gebe nur eine einprozentige Chance auf Bewilligung.  Ein Erkenntnis dieser Gerichte ersetze den Bescheid der Behörde (Wiener Landesregierung ).
    Um bereits in der aktuellen Instanz erfolgreich zu sein, habe die Bürgerinitiative u.a.  argumentiert, dass die UVP-Richtlinie der EU bezüglich Städtebau-Verfahren in Österreich unionswidrig umgesetzt worden sei. Daher sei beantragt worden, dass diese Richtlinie im Verfahren direkt angewandt werden muss. Gegen das unionswidrige, österreichische UVP-Gesetz habe es auch schon Vertragsverletzungsverfahren gegeben.
    Leider müssten nach der am 23. März 2023 inkraft getretenen österreichischen UVP-Novelle Details nicht mehr behandelt werden. Daher könnten sich AnrainerInnen leider nicht mehr so wie zuvor beschweren. Die Novelle sei seiner Meinung nach verfassungswidrig.
    Aber auch, wenn das UVP-Verfahren von der Bürgerinitiative gewonnen werde, dürfte man sich nicht zu viel davon erwarten: In anderen UVP-Verfahren, die von Bürgerinitiativen gewonnen wurden, seien die alten Bescheide durch Änderungsanträge nachträglich doch realisiert worden.
    Das geplante Flächenwidmungsverfahren werde wahrscheinlich das UVP-Verfahren überholen. Es sei ein obrigkeitsstaatliches Verfahren, bei dem Einwendungen z.B. weniger Stellplätze zwar behandelt werden müssten, jedoch nicht juristisch erzwungen werden könnten.

  4. Wo findet die Strategische Umweltprüfung (SUP) statt?
    Mag. Schachinger:
    Beim Städtebauvorhaben Nordwestbahnhof sei sicher noch keine SUP erfolgt. Im Zuge des Flächenwidmungsverfahrens werde es aber eine SUP geben. Die Bürgerinitiative könne jedoch bei der SUP nichts gewinnen.

  5. Muss die ÖBB ihre Pläne ändern und die Öffentlichkeit stärker beteiligt werden?
    Mag. Schachinger:
    Die Behauptung der ÖBB, dass ihr Vorhaben keine Auswirkungen auf den Verkehrslärm und daher die AnrainerInnen nicht unzumutbar belasten würde, sei eine Täuschung der Öffentlichkeit gewesen. Die BürgerInnen würden jetzt merken, dass sie doch stark betroffen sein werden. Aus diesen Gründen sei in der Beschwerde der Bürgerinitiative eine Abweisung der Genehmigung des Vorhabens gefordert worden.

  6. Müssen in einer neuen Umweltverträglichkeitserklärung der ÖBB genaue Maßnahmen zur Reduzierung von schädlichen Umweltauswirkungen stehen und wer kontrolliert die Einhaltung der Maßnahmen?
    Mag. Schachinger:
    Das Gericht werde bei der Genehmigung sog. „Nebenbedingungen“ vorschreiben, d.h. Maßnahmen, die ÖBB, MA 22 und das Gericht einhalten müssten. Es gebe eine „Bestimmtheits“-Bestimmung. Wenn vorgeschriebene Maßnahmen nicht eingehalten würden, sei das eine Verwaltungsübertretung und könne anlassbezogen angezeigt werden.

  7. Welche negativen und positiven Szenarien sind durch ein Urteil zu erwarten?
    Mag. Schachinger:
    Das negative Szenario sei, dass das Gericht die Täuschung der Öffentlichkeit durch die ÖBB schluckt, sie als nicht erheblich ansieht oder keine Auflagen für die Genehmigung des Vorhabens vorschreibt.
    Das positive Szenario sei, dass wir das Gericht von der Täuschung der Öffentlichkeit durch die ÖBB überzeugen (konnten), so dass die ÖBB in der neuen UVE entweder selbst Maßnahmen zur Reduzierung von Umweltauswirkungen vorsieht oder vom Gericht dazu gezwungen wird.


  8. Welche Möglichkeiten der BürgerInnenbeteiligung gibt es noch?
    Mag. Schachinger:
    Wenn es kein, für die Bürgerinitiative positives UVP-Urteil gibt, werde es keine BürgerInnenbeteiligung mehr geben. Aber auch bei einem positiven UVP-Urteil könne es anschließend Änderungsverfahren geben, die unbemerkt „unter dem Radar“ der Öffentlichkeit beantragt und für Betroffene schlecht sein könnten. Ohne Druck der Öffentlichkeit werde nicht mehr beteiligt. Die Verantwortung gehe dann auf die Bauträger über, die nicht interessiert, was neben ihren Baufeldern ist.

  9. Ist die Baudichte auch Teil des UVP-Verfahrens?
    Mag. Schachinger:
    Ja. Beim Nordbahngelände habe es rechtswidrigerweise kein UVP-Verfahren gegeben, weswegen das Gelände nach hinten hin immer dichter hätte bebaut werden können. Beim Nordwestbahnhofgelände habe es Gott sei dank doch ein UVP-Verfahren gegeben, weswegen z.B. eine genehmigte, bebaubare Bruttogeschossfläche von800.000m² nicht ohne Änderungsbescheid einfach auf 850.000m² erhöht werden könne. Doch – wie gesagt – passieren doch immer wieder unbemerkte, nachträgliche Änderungen. Die UVP sei aber die einzig wirksame BürgerInnenbeteiligung, um z.B. die Errichtung von sinnlos verdichteten Wohnsilos ohne Grün oder Verkehrsberuhigung zu verhindern.

  10. Kann ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts im UVP-Verfahren die Bauordnung außer Kraft setzen?
    Mag. Schachinger:
    Ja, wenn umweltrelevante Aspekte berücksichtigt werden müssen.

  11. Kann man den Vergabe-Schlüssel ändern, indem man den Anteil geförderter Wohnungen von jetzt 60 auf 80% erhöht bzw. frei finanzierter Wohnungen von 40 auf 20% senkt?
    Mag. Schachinger:
    Das sei eine rein politische Entscheidung. Das Problem bei einer solchen Änderung sei, dass Wohnbauträger aussteigen, weil sie durch Auflagen nichts mehr verdienen.

  12. Was können wir tun, damit Geh- und Radwege getrennt werden?
    Mag. Schachinger:
    Das sei Thema von zivilem Widerstand.

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