Baumsterben am Nordwestbahnhof

Nach Rodung aller Bäume am Bahndamm Nähe Universumstraße am 1. August 2022 und Fällung zweier Bäume  in der Nordwestbahnstraße im Oktober/ November 2023 musste Anfang Mai 2024 eine ganze Pappelreihe hinter den drei 12-geschossigen Wohngebäuden der  Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft (BWSG) in der Taborstraße 89-93 dran glauben:

Sie wurde angeblich wegen Gefährdung ihrer Umgebung (Umsturzgefahr wegen innerer Aushöhlung, Asphalt-Durchwurzelung) und zugunsten der Sanierung bzw. Vermehrung von Parkplätzen entfernt.

Während in der Nordwestbahnstraße inzwischen zwei Ersatzbäume an gleicher Stelle gepflanzt wurden sind die Fragen offen, ob am Ort der entfernten Pappelreihe an der Taborstraße ähnlich große und schnell wachsende Bäume gepflanzt werden (müssen) und ob die Pappeln nur deswegen gefällt wurden, weil sie gemäß §4 Abs 1 Z 3 Baumschutzgesetz „Bestand von baulichen Anlagen, fremdes Eigentum oder die körperliche Sicherheit“ gefährdet haben. Oder ob sie nur deswegen entfernt wurden, weil AnwohnerInnen-Parkplätze saniert bzw. vermehrt werden sollten.

Auch stellt sich die Frage, ob der am 20. März 2024 im Wiener Gemeinderat beschlossene Flächenwidmungs- und Bebauungsplans (Nr. 8355) für das Nordwestbahnhofgelände, zu dem auch die drei Wohngebäude in der Taborstraße 89-93 gehören, nachträglich zur Pappel-Entfernung geändert wurde, ohne dafür ausreichend Gelegenheit zur Information und Möglichkeit der Stellungnahme für die Öffentlichkeit zu schaffen. Während das Gebiet der Pappelreihe am 20. März 2024 mit der Bezeichnung „G BB1“ gewidmet wurde – auf so „bezeichneten Grundflächen ist die Errichtung von ober- und unterirdischen Bauwerken nicht zulässig“ und ist eine „gärtnerische Ausgestaltung“ vorzusehen -…

Screenshot am 13.6.2024 vom nicht rechtsgültigen Online-Flächenwidmungsplan

… könnte die aktuelle Widmung nur noch „BB“ sein – ohne nachfolgende Zeichen gemäß Zeichenerklärung für den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan. In einem solchen Falle wäre laut §5 Abs 4 lit t Wiener Bauordnung anstelle der Pappelreihe auch die „Errichtung von Gemeinschaftsanlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen“ erlaubt.

Schließlich hält die Stadt nach wie vor den sogenannten „Vorlagebericht“ (oder Erläuterungsbericht) zum Flächenwidmungs- und Bebauungsplan Nr. 8355 vom 18. Jänner 2024 unter Verschluss, in dem der Plan Nr. 8355 erläutert wird. Daher bleibt der Öffentlichkeit auch verborgen, ob und wie dieser Vorlagebericht nachträglich zur Entfernung der Pappelreihe verändert wurde. Im ursprünglichen Bericht hieß es jedenfalls noch (fett gedruckte Hervorhebungen sind von der Redaktion) …

…auf Seite 4:

Freiflächen und Grünräume:Im Bereich Taborstraße 89-93 sind halböffentliche Grünflächen mit Baumbestand zu verzeichnen. Nördlich der hier situierten Wohnbebauung stockt eine Baumreihe mit hohen Pappeln

…auf Seite 7:

Rechtliches
Für das Areal des Nordwestbahnhofs (inklusive der Wohnbebauung an der Taborstraße 89-93, des ehemaligen Postgebäudes Nordwestbahnstraße 6, der Tankstelle an der Taborstraße/Rebhanngasse und der Kleingartenanlage der ÖBB westlich der Gleisanlagen zwischen Stromstraße und Hellwagstraße) besteht eine Bausperre gemäß § 8 Abs. 1 der Bauordnung für Wien…

…auf Seite 14:

Ziele der Bearbeitung
Für ein Teilgebiet im Bereich Rebhanngasse und Taborstraße, das zuerst entwickelt werden soll und das Baufeld für den Bildungscampus umfasst, wird vorgeschlagen, bereits einen Bebauungsplan festzusetzen. Dies gilt auch für die bestehenden, von der geltenden Bausperre betroffenen Wohngebäude Taborstraße 89-93 und dem bereits mit einem Bebauungsplan versehenen Baubestand an der Universumstraße…

…und auf Seite 15 bzw. 19:

Festsetzungen
•             Baubestand
…Für die 12-geschossigen Wohngebäude in der Taborstraße 89-93 wird eine Widmung als Bauland/Gemischtes Baugebiet und basierend auf den bestehenden Gebäudehöhen die Bauklasse VI, 26-35 m vorgeschlagen. Die Grünflächen, die die drei Wohnbauten umgeben, sollen gärtnerisch auszugestalten sein und werden unter Berücksichtigung des Baumbestandes differenziert mit einem Verbot der Errichtung von ober- und unterirdischen Bauwerken versehen. Ebenso soll zur Erhaltung der nördlich der Wohnbauten stockenden und den Erschließungsweg begleitenden Baumreihe ein entsprechend breiter Streifen als gärtnerisch auszugestaltende Fläche mit einem Verbot der Errichtung von ober- und unterirdischen Bauwerken ausgewiesen werden.

Die Bürgerinitiative Nordwestbahnhof wird entsprechende Anfragen an die zuständigen städtischen Behörden und die BWSG stellen…

  1. Wurde die Pappelreihe nur deswegen gefällt, weil sie gemäß §4 Abs 1 Z 3 Baumschutzgesetz „Bestand von baulichen Anlagen, fremdes Eigentum oder die körperliche Sicherheit“ gefährdet hat oder weil AnwohnerInnen-Parkplätze saniert bzw. vermehrt werden sollten.
  2. Werden am Ort der entfernten Pappelreihe an der Taborstraße ähnlich große und schnell wachsende Bäume gepflanzt werden (müssen)?
  3. Wurde der am 20. März 2024 im Wiener Gemeinderat beschlossene Flächenwidmungs- und Bebauungsplans (Nr. 8355) für das Nordwestbahnhofgelände, zu dem auch die drei Wohngebäude in der Taborstraße 89-93 gehören, nachträglich zur Pappel-Entfernung geändert?
  4. Wurde dafür ausreichend Gelegenheit zur Information und Möglichkeit der Stellungnahme für die Öffentlichkeit geschaffen?
  5. Wurde der „Vorlagebericht“ zum Flächenwidmungs- und Bebauungsplan Nr. 8355 vom 18. Jänner 2024 nachträglich zur Entfernung der Pappelreihe verändert?

Schließlich  fragt sich die Bürgerinitiative Nordwestbahnhof, welche Bäume auf dem Nordwestbahnhofgelände als nächstes zu Lasten des Stadtklimas sterben sollen?

Laut von Stadt Wien und Bundesverwaltungsgericht als umweltverträglich beschiedenen Unterlagen der ÖBB ist schon zwischen Juli und Dezember 2025 der Abbruch der Kleingärten samt  Rodung der (Obst-)Bäume sowie deren Bebauung mit zwei Hochhäusern zwischen Jänner 2029 und Dezember 2030 geplant.

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